Endlich fleißig sein – Strategien im Kampf gegen den inneren Schweinehund

Wären Sie gerne fleißiger? Haben Sie ein klares Ziel vor Augen, kommen aber nicht richtig in die Gänge? Egal, ob Sie Musiker sind und endlich mehr üben möchten, oder ob Sie ganz andere Ziele verfolgen: Der Kampf gegen den inneren Schweinehund ist für alle gleich.

In diesem Artikel wollen wir verschiedene Strategien beleuchten, die uns zu mehr Selbstdisziplin verhelfen sollen.

Die Reihe „Vom Faultier zum Arbeitstier“ richtet sich an alle, die schon seit langer Zeit unzufrieden sind, weil sie es nicht schaffen, ihr Potenzial zu entfalten. Immer wieder stellt sich die eigene Trägheit in den Weg. Die gute Nachricht: Es ist nie zu spät für eine Transformation. In mehreren Artikeln werden wir verschiedene Aspekte unter die Lupe nehmen, die auf dem Weg zu einem fleißigeren Selbst eine entscheidende Rolle spielen.

Wahrscheinlich ist es nicht das erste Mal, dass Sie im Internet nach Tipps für mehr Selbstdisziplin und Produktivität suchen. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Publikationen mit einer Menge an Ratschlägen. Oft sind gute Impulse dabei. Manchmal sind Sie aber vielleicht auch enttäuscht, weil Sie Dinge lesen, die zwar zutreffend sind, Ihnen aber schon längst bekannt sind und Sie nicht weiterbringen.

Der Vollständigkeit halber wollen wir hier dennoch kurz auf einige Allgemeinplätze eingehen, bevor wir uns effektiveren Techniken zuwenden:

  • Finden Sie Ihr „Warum“. Natürlich sollten Sie eine klare Vorstellung davon haben, warum Sie ein bestimmtes Ziel verfolgen und was Sie sich davon erhoffen. Für Kinder und Jugendliche kann es hilfreich sein, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Falls Sie die Jugendzeit jedoch schon hinter sich haben, bringt Sie dieser Punkt vermutlich nicht wesentlich weiter.
  • Formulieren Sie ein klares Ziel und
  • Machen Sie einen konkreten Plan und setzen Sie sich kleinere Zwischenziele. Niemand wird bestreiten, dass die beiden eben genannten Punkte wichtig sind. Es ist wenig sinnvoll, völlig plan- und ziellos „herumzueiern“. Wenn Sie jedoch schon lange gegen Ihren inneren Schweinehund ankämpfen, mangelt es Ihnen wahrscheinlich weder an einem Ziel noch an einem Plan.
  • Ernähren Sie sich gesund und treiben Sie Sport. Das ist meistens nicht das, was wir lesen wollen, aber leider wirklich ein wichtiger Faktor auf dem Weg zu mehr Energie und Selbstdisziplin. Daher wird es zu diesem Thema einen eigenen Artikel geben.

Wenn Sie sich mit der Schweinehund-Problematik befassen, kommt Ihnen gelegentlich auch der Begriff der Prokrastination unter. Gemeint ist damit das extreme Aufschieben von Aufgaben, das sogar krankhafte Züge annehmen kann. Also ziemlich genau das Thema dieses Beitrags. Sollten Sie bei sich tatsächlich eine krankhafte Störung vermuten, sollten Sie sich am besten erst einmal medizinisch beraten lassen. Ansonsten können Sie sich an den folgenden Strategien versuchen. Wählen Sie aus den Vorschlägen diejenigen Techniken aus, die für Sie passend und stimmig sind.

8 Tipps gegen den inneren Schweinehund

5-Sekunden-Regel

Diese sehr effektive Technik geht auf Mel Robbins, eine US-amerikanische Motivationsrednerin, zurück. Hier geht es darum, innerhalb von fünf Sekunden eine Tätigkeit anzupacken. In dieser kurzen Zeit hat der innere Schweinehund noch keine Chance, einzugreifen. Sobald Sie also das nächste Mal den Impuls verspüren, etwas zu tun, setzen Sie ihn innerhalb von fünf Sekunden in die Tat um.

Kennen Sie das Phänomen, dass die Motivation erst mit dem Handeln kommt? Leider machen wir oft den Fehler, dass wir darauf warten, dass sich ein innerer Antrieb bemerkbar macht. Hier kann die 5-Sekunden-Regel außerordentlich hilfreich sein.

To-Do-Listen mit der 1-3-5-Methode optimieren

Nicht jeder ist ein „Listenmensch“. Falls Sie aber gerne mit Listen arbeiten, können Sie Ihre Produktivität mit der 1-3-5-Methode steigern. Diese funktioniert folgendermaßen:

Oben steht die wichtigste Aufgabe, die Sie zuerst bearbeiten sollten (1). Dann folgen drei wichtige Aufgaben, die zeitnah erledigt werden sollten (3). Zuletzt kommen fünf kleinere Aufgaben (5).

Hier finden Sie einen ausführlichen Artikel über diese Methode.

Mikro-Handlungen

Beim Konzept der Mikro-Handlungen geht es darum, Aufgaben in extrem kleine Teilschritte aufzuteilen. Sie haben sich zum Beispiel vorgenommen, Ihr Musikinstrument zu üben und schaffen es nicht, damit anzufangen? Dann nehmen Sie sich vor, wenigstens eine Tonleiter zu spielen. Diese Handlung ist so minimal, dass Ihr innerer Schweinehund gar nicht merkt, was Sie vorhaben. Eventuell wird aus der Tonleiter am Ende doch noch eine ausgewachsene Übeeinheit. Falls nicht, brauchen Sie jedoch kein schlechtes Gewissen zu haben. Denn Sie haben mit sich ja lediglich vereinbart, eine Tonleiter zu spielen.

Dieses Konzept wird sehr schön im Vorwort von Vera F. Birkenbihl zum Buch „Wege aus der Stressfalle“ von Mary LoVerde veranschaulicht, welches hoffentlich bald wieder unter diesem Link heruntergeladen werden kann.

Pomodoro-Technik

Die Pomodoro-Technik (von italienisch pomodoro = Tomate) wurde vom italienischen Unternehmer Francesco Cirillo entwickelt und nach einer Küchenuhr in Tomatenform benannt. Bei dieser Technik wechseln sich Phasen konzentrierter Arbeit (25 Minuten) mit kurzen Pausen (5 Minuten) ab. Folgende Vorgehensweise wird empfohlen:

  • Stellen Sie sich einen Wecker auf 25 Minuten und arbeiten Sie konzentriert an Ihren Aufgaben.
  • Sobald der Wecker klingelt, machen Sie 5 Minuten Pause.
  • Führen Sie die ersten beiden Punkte insgesamt viermal hintereinander aus, wobei Sie nach der vierten Arbeitsphase 30 Minuten Pause machen.
  • Wiederholen Sie bei Bedarf den gesamten Pomodoro-Zyklus.

Für einen kompletten Pomodoro-Zyklus werden also 2:25 Stunden benötigt. Es gibt mittlerweile zahlreiche Apps, die Sie bei der Pomodoro-Technik unterstützen. Suchen Sie einfach in Ihrem App Store mit dem Stichwort „pomodoro“ nach einer passenden Anwendung.

Den inneren Schweinehund zum Freund machen

Normalerweise betrachten wir den inneren Schweinehund als Feind. Dabei meint er es nur gut mit uns. Er möchte uns davor bewahren, uns zu überanstrengen. Angenommen, wir nehmen uns vor, unser Instrument zu üben – um bei oben genanntem Beispiel zu bleiben. Wir stellen uns vor, wie wir unsere bequeme Couch verlassen müssen, unser Instrument auspacken und uns zunächst einspielen müssen. Hier wird unser innerer Schweinehund eingreifen und alles dafür tun, uns vor diesen Strapazen zu bewahren. Dass uns das langfristig schadet, weiß er nicht.

Wir können ihn aber zu unserem Verbündeten machen, indem wir das Futter umstellen. Sein Futter sind die Gedanken, die wir mit der Aufgabe verbinden. Stellen wir uns nämlich zum Beispiel vor, wie wir das Stück, das wir gerade üben, beherrschen werden und dafür Applaus bekommen werden, wird unser innerer Schweinehund es gar nicht erwarten können, uns zu unserem Instrument zu begleiten.1 Zur Einstimmung und zusätzlichen Motivation können wir uns vorher auch noch Musik anhören.

„Study-with-me“-Videos

Wenn Sie an Ihre Schul- oder Studienzeit zurückdenken, erinnern Sie sich vielleicht, dass Sie besonders konzentriert arbeiten konnten, wenn Sie sich unter weiteren lernenden Menschen befanden, zum Beispiel in der Bibliothek. Diesen Effekt ahmen die „Study-with-me“-Videos nach, die in den letzten Jahren auf YouTube zu einem Trend geworden sind. Die Videos bestehen schlicht und ergreifend daraus, dass eine Person sich stundenlang beim Lernen filmt. Wenn man gerade ein Motivationstief hat, können solche Videos dabei helfen, wieder in die Gänge zu kommen. Häufig kommt dabei auch die Pomodoro-Technik zum Einsatz. Sicherlich ist die Methode nicht jedermanns Sache. Aber gerade für jüngere Menschen ist das auf jeden Fall einen Versuch wert.

„Challenge“ mit Gleichgesinnten

Noch effektiver ist es natürlich, sich mit „echten“ Menschen zu verabreden. So können Sie sich zum Beispiel regelmäßig zum Sport treffen. Oder Sie vereinbaren, sich morgens bis zu einer bestimmten Uhrzeit bei der anderen Person zu melden, falls Sie schwer aus den Federn kommen. Natürlich können Sie die Methode auch zum Üben verwenden. Machen Sie doch kleine, interne Vorspiele aus, um ein mittelfristiges Ziel zu haben, bis zu dem Sie Ihr Programm beherrschen müssen. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Noch spannender und wirkungsvoller wird es, wenn Sie das Ganze zu einer „Challenge“ ausweiten. Dann gibt es am Ende eines bestimmten Zeitraums zum Beispiel einen „Übekönig“, wenn das Ziel darin bestand, möglichst viel zu üben. Bei Nichterreichen eines Ziels können Strafen festgelegt werden. So können Sie sich etwa verpflichten, an eine wohltätige Organisation zu spenden (oder – um den Effekt zu steigern – an eine Organisation, die Sie ablehnen).

Wenn Sie unter Ihren Bekanntschaften keine Gleichgesinnten finden, können Sie auch online nach Mitstreitern suchen. Das ist zum Beispiel über die Plattform coach.me möglich.

Konstruktiver Umgang mit Rückschlägen

Rechnen Sie mit Rückschlägen. Gerade wenn Sie über viele Jahre hinweg arbeitsscheu gewesen sind, werden Sie wahrscheinlich nicht von einem Tag auf den anderen zum Arbeitstier.

Machen Sie nur nicht den Fehler, dass Sie bei jedem Durchhänger gleich denken: „Jetzt ist es eh egal.“ Es ist normal, dass sich produktivere und weniger produktive Phasen abwechseln. Sagen Sie sich in einem solchen Fall: „Jetzt erst recht!“2 Knüpfen Sie an Ihren anfänglichen Erfolg an – je früher, desto besser.

Wenn Sie eine neue Strategie ausprobieren, sind Sie am Anfang vermutlich noch ganz euphorisch und haben große Erfolgserlebnisse. Mit der Zeit lässt die Motivation aber möglicherweise nach, bis irgendwann der Einbruch kommt. Dann sollte Sie nichts davon abhalten, möglichst bald eine neue Strategie anzuwenden. Denn es gibt viele Techniken zum Umgang mit der eigenen Trägheit. Dank Internet findet man heutzutage schnell neue Inspirationen.

Entscheidend ist nicht, wie oft man einbricht, sondern wie schnell man wieder aufsteht.

Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn Sie es bisher noch nicht geschafft haben, über einen längeren Zeitraum produktiv zu sein. Glauben Sie nicht, Sie seien zu ewiger Trägheit verurteilt. Denn kein Mensch ist per se faul oder fleißig. Fleiß entsteht letztendlich aus dem ständigen Bedürfnis, mit Versuchungen und Ablenkungen angemessen umzugehen und sich nach Rückschlägen schnell wieder aufzurichten.

Egal, welche Fehler oder Versäumnisse in deiner Vergangenheit liegen, jeder Tag ist ein neuer Anfang. Du kannst heute zu dem Menschen werden, der du gerne sein möchtest.

www.let-verlag.de

Ich hoffe, ich konnte Ihnen auf Ihrem Weg zum „Arbeitstier“ einige nützliche Impulse geben. Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem inneren Schweinehund? Welche Strategien haben sich bei Ihnen bisher bewährt? Schreiben Sie gerne Ihre Erfahrungen und Tipps in die Kommentare.

Verwendete Literatur:

  • 1 Reinhold Stritzelberger/Peter Gerst: Willensstärke. 2015, Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg, S. 84f.
  • 2 Ebd., S. 43ff.

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